Anglizismen im Deutschen

Sie haben das Deutsche seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Sturm erobert und manchen sind sie ein Dorn im Auge: Anglizismen. Die Rede ist von Wörtern, die aus dem Englischen entlehnt wurden und die in der deutschen Sprache ihren festen Platz gefunden haben. Im Gegensatz zur sogenannten Gendersprache sind sie Teil eines natürlichen Sprachwandels. Als Autor sehe ich sie nicht als Nachteil, sondern sie können sogar von Vorteil sein, da sie den sprachlichen Reichtum aufwerten. In vielen Fällen klingen sie zudem einfach besser als das deutsche Pendant. Auch wenn ich sie persönlich gerne verwende, sollte man natürlich auch hier den Grundsatz beachten, sie maßvoll einzusetzen. Sonst mündet das Ganze am Ende in einer gepflegten Runde Bullshit-Bingo. Das wiederum würde den Kritikern in die Hände spielen, die die deutsche Sprache durch die Existenz von Anglizismen gar bedroht sehen.

Das lässt sich allerdings relativ schnell entkräften. Beide Sprachen, das Englische und das Deutsche, entspringen dem indogermanischen Sprachbaum, genauer dem Zweig der westgermanischen Sprachen. Das bedeutet, dass beide Idiome einen gemeinsamen Ursprung haben. Im Lauf der Jahrhunderte haben sich diese Sprachen immer mehr diversifiziert, also weiter voneinander entfernt. Manche Anglizismen haben sich im Laufe der Jahrzehnte derart tief in unsere Alltagssprache eingebrannt, dass sie uns kaum noch auffallen. So dürfte sich heute beispielsweise kaum mehr jemand Gedanken darüber machen, wenn er eine Kiste als „Box“ oder den Aufzug als „Lift“ bezeichnet. Auch das Fitness-Studio und das Training haben es selbstverständlich, neben unserem alltäglichen Sprachgebrauch, längst in den Duden geschafft. Alternativen wie „Ertüchtigungshaus“ würden dagegen wohl etwas umständlich und aus der Zeit gefallen klingen. Neuere Begriffe wie das „Car-Sharing“ dürften im orthodoxen Deutsch ebenfalls weniger prägnant zu beschreiben sein.

Anglizismen werden oft inflationär gebraucht

Der Vorteil von Anglizismen ist, dass sie eine Sache oft in einem Wort beschreiben, wofür es im Deutschen erst eine umständliche Ausführung bräuchte. Natürlich lässt es sich auch hier auf die Spitze treiben. Bei Berufsbezeichnungen oder im sogenannten Business-Deutsch, oft scherzhaft als „Denglisch“ bezeichnet, werden Anglizismen inzwischen derart inflationär verwendet, dass dies bisweilen nur noch lächerlich anmutet. Da werden aus reiner Wichtigtuerei gerne mal halbe Sätze auf Englisch „released“. Aus dem Büroleiter wird dann kurzerhand der „Head of Office“, was aufzeigt, dass mancher Anglizismus nicht unbedingt die bessere Alternative zum deutschen Gegenstück darstellt. Wer möchte, der kann sich spaßeshalber einmal den Job Title Generator ansehen, der diese Entwicklung auf satirische Weise verdeutlicht. Damit bringt man garantiert jedes Phrasenschwein zum Platzen. Der Grundgedanke, eine internationale Vereinheitlichung für Berufsbezeichnungen zu schaffen, ist dabei aber kein schlechter.

Anglizismen

Ein Neologismus aus dem Griechischen: das Telefon.

Niemand kommt ohne Fremdwörter aus

Keine gesprochene Sprache kommt dauerhaft ohne die Entlehnung von Wörtern aus anderen Sprachen aus. So hat es zum Beispiel der Kindergarten ins Englische, der Katzenjammer ins Norwegische, der Zeitgeist ins Französische und die Autobahn sogar bis ins Japanische geschafft. Die Liste deutscher Begriffe in Fremdsprachen ist demnach ziemlich lang. Das französische Wort „Restaurant“ findet man, teils in abgewandelter Form, in fast jeder überregional verbreiteten Sprache weltweit. Hier handelt es sich um einen sogenannten Französismus. Natürlich gibt es auch Sprachen, die von solch einer Entwicklung viel stärker als andere betroffen sind. Das hat etwas mit der Anzahl an Sprechern und auch der Stellung des jeweiligen Landes in der internationalen Gemeinschaft und Weltwirtschaft zu tun. So hat etwa das Ungarische sehr lange an seiner Isolation festgehalten und setzt Fremdwörter nach wie vor sparsam ein.

Die Entlehnungen in der ungarischen Sprache sind eher neuzeitliche Begriffe der letzten 100 Jahre, wie „Autó“ (das Auto) oder „Gumi“ (der Reifen) und überwiegend wurden diese so stark an die sprachlichen Eigenheiten anpasst, dass sie kaum wiederzuerkennen sind. Das macht den Einstieg schwer, da es Lernende mit vielen fremdartig klingenden Vokabeln zu tun haben, die sich schwer mit dem uns Bekannten assoziieren lassen. Dort sind allerdings auch Themen wie Gendersprache gänzlich kein Thema, da es schlicht keinen Genus gibt. Grammatikalisch wird also nicht zwischen Maskulinum, Femininum oder Neutrum unterschieden, was das Erlernen wiederum vereinfacht. Ein ähnliches Regelwerk gilt in der türkischen Sprache. Ob man allerdings dort deshalb die vielbeschworenen Vorteile eines emanzipatorischen Sprachgebrauchs vorfindet, darüber sollte jeder selbst urteilen.

Fazit

Anglizismen und andere Lehnwörter schaden unserer Sprache nicht. Im Gegenteil; sie bereichern sie. Das moderne Deutsche kommt sowieso kaum noch ohne sie aus. Da sie einfach flektiert werden können, fügen sie sich problemlos in unser Sprachgebilde ein. Ob man nun auf den einen oder anderen unnötigen Anglizismus[1] verzichtet, das bleibt natürlich weiterhin Geschmackssache.