Seit je her ist sie dem Menschen zu eigen: die Faszination am Mysteriösen. Dem Unerklärlichen haftet seit Anbeginn die Fähigkeit an, die Massen oder ganze Kulturen in seinen Bann zu ziehen. Auch wenn sich die Vorstellungen und das Bild davon in den letzten 100 Jahren stark gewandelt haben. Vieles wurde inzwischen durch wissenschaftliche Aufklärung und moderne Technik entzaubert. Doch einiges kann auch die Wissenschaft bis heute nicht oder zumindest nicht eindeutig erklären. Die Theorien zur Lösung von Mysterien sind oft lückenhaft, unzufriedenstellend oder einfach nur ernüchternd. Das kann dazu führen, dass die Fantasie der Menschen dadurch noch mehr angeregt wird oder sich sogar Verschwörungstheorien daraus entwickeln. Das Zeitalter des Internets, wo quasi der unbegrenzte Informationsaustausch zu jeder Zeit möglich ist, verstärkt diese Dynamik durchaus.
Faszination am Mysteriösen: Die Geschichte der Weißen Frau
In meiner Jugend, als die Netzkultur noch in ihren Anfängen steckte, verbreiteten sich Geschichten über unheimliche Mythen einfach Mund zu Mund. Ich erinnere mich noch gut daran, als man sich an einer nahegelegenen Tankstelle, die zugleich ein beliebter Treffpunkt unter uns Führerschein-Neulingen war, die Geschichte von der Weißen Frau im Ebersberger Forst erzählte. Während ein Teil der Clique die urbane Legende salopp als „totalen Schmarrn“ abtat, unternahmen wir anderen regelmäßig nächtliche Ausflüge dort hin. Die Hoffnung, nahe der dortigen Hubertuskapelle die geisterhafte Erscheinung einmal selbst zu erspähen und dadurch etwas Mythischem auf die Spur zu kommen, schwang stets mit. Selbst der einsetzende Verstand und die Vernunft vermochten die Faszination am Mysteriösen kaum zu brechen. Immerhin schaffte es die Legende bis nach Japan, später wurde dazu sogar eine vierteilige Horror-Serie mit dem Titel Ebersberg* gedreht. *Affiliate Link
Bei uns wurde die Geschichte allerdings so erzählt, dass derjenige, der die Weiße Frau als Anhalterin in sein Auto einsteigen ließe, für immer verschwinden und nie wieder gesehen werden würde. Noch näher an meinem damaligen Wohnort lag das sogenannte „Grab vom Raubritter“, das sich an einer bewaldeten Straße befindet, die durch die Rosenheimer Inn-Auen führt. Dort sollten sich an manchen Tagen zu nächtlicher Stunde Gestalten und Gesichter in den Nebelschwaden zeigen. Aufgrund von kaum zu stillender Neugierde, Abenteuerlust und der räumlichen Nähe hielt man sich des Öfteren nach Mitternacht dort auf und konnte mit viel Fantasie auch tatsächlich mal etwas erkennen. Einmal suchten wir die ritterliche Grabstätte und stapften mit Taschenlampen bewaffnet durch den finsteren Wald; allerdings verlief die Suche in dieser einen Nacht ergebnislos.
Mysterien und ihre Erklärungsmodelle
Am nächsten Tag war das Grab dann wieder an seiner gewohnten Stelle, wie von Zauberhand. Unsere Wahrnehmung hatte uns einen Streich gespielt, aber damals war das natürlich Wasser auf die Mühlen der Faszination am Mysteriösen. Vor ihr ist schließlich niemand gefeit und innerhalb einer Gruppendynamik sowieso kaum. Gerade in Deutschland beruft man sich allerdings oft trocken auf die Wissenschaft, die stets bemüht scheint, auch das letzte Stückchen Zauber selbst aus der mystischsten aller Legenden zu klopfen. Einer, der sich hierzulande sehr wissenschaftlich mit solchen Themen auseinandersetzt, ist der Parapsychologe Dr. Dr. Walter von Lucadou. Seine Erklärungen wirken so pragmatisch wie nüchtern und haben nicht im Entferntesten etwas mit der Arbeit von sogenannten Ghosthunter-Teams zu tun. Anstatt mit allerhand spezieller Technik, die in den Ruinen mutmaßlicher Spukhäuser zum Einsatz kommt, wartet der Wissenschaftler viel mehr mit physikalischen und psychologischen Erklärungsansätzen auf.
Oft klingen diese einfach nur plausibel und lassen die mystische Illusion sprichwörtlich zerplatzen wie eine Seifenblase. Dadurch konnte er mit seiner Parapsychologischen Beratungsstelle* bereits vielen Menschen helfen, für die Spuk oder sonstige vermeintliche Begegnungen übernatürlicher Art zur Belastung wurden. Andererseits können auch Gelehrte wie er nicht immer das letzte Quäntchen ausräumen und selbst die wissenschaftlichste These lässt einen Interpretationsspielraum zu; ob man sie nun glaubt oder nicht. Diese Arbeit ist wichtig, denn sie bildet das Gegenstück zu extremer Mythengläubigkeit oder gar Aberglauben. Die Wahrheit liegt in vielen Fällen jedoch irgendwo dazwischen. Der Grat zwischen bodenständiger Abhandlung und der Fantasie der Menschen ist oft schmal. Das ist der Pfad, auf dem Leute wie der Mythen Metzger versuchen, durch Fakten und Recherchen auf sachliche Weise Licht ins Dunkel zu bringen.
Die Menschen sind Suchende
Ein fruchtbarer Boden, auf dessen Basis Autoren Geschichten schreiben, auch wenn das in dem Bewusstsein geschieht, dass diese rein fiktiver Natur sind. Bereits in den 1990er Jahren, als Mystery in der breiten Masse noch verpönt war, versuchte man mit TV-Serien wie Akte X genau diese Marktlücke für sich zu gewinnen. Menschen lieben solche Stories, denn sie bedienen die Faszination am Mysteriösen nur zu gut. Das spiegelte sich letztendlich auch im Erfolg der Serie wieder, die zum regelrechten Dauerbrenner avancierte.
Die Sehnsucht nach dem Entdecken, die in unserer Spezies tief verankert ist, hat viele Facetten. Nicht zuletzt deshalb senden wir Signale durchs All oder versuchen, welche aufzufangen. Ob dies nun gut ist oder nicht, das kann sich jeder selbst ausmalen. Die diesbezüglichen Ansichten des verstorbenen britischen Astrophysikers Stephen Hawking sind hinlänglich bekannt. Mit Sicherheit gibt es einen Grund, dass die Distanzen im Universum nach unseren heutigen Maßstäben größtenteils unüberwindbar scheinen. Aber auch die Hoffnung, dass ein Teil in uns den Tod überdauern wird und es etwas „danach“ gibt, diente schon immer als Triebfeder der Suchenden und bildet selbst für Weltreligionen die Grundlage. Antike Bauwerke und Götzenbilder hingegen befeuern den Bereich der Prä-Astronautik, die davon ausgeht, dass Außerirdische längst hier waren oder wir Menschen sogar von ihnen abstammen.
Für welchen Bereich man sich auch am meisten begeistert; allen gemein ist die stetige Jagd nach dem Unergründlichen. Ob nun Wissenschaftler, Mystiker, Hellseher oder Geisterjäger, sie alle verfolgen im Grunde ähnliche Ziele und haben einen gemeinsamen Nenner: Sie wollen das Unbekannte greifbar machen. Nur die Ansätze und Motive unterscheiden sich teilweise erheblich voneinander.
*Die Parapsychologische Beratungsstelle in Freiburg scheint wegen finanzieller Probleme durch eine abstruse Rückforderung von Fördergeldern des Landes Baden-Württemberg vor dem Aus zu stehen. Deshalb hat die Tochter von Dr. Dr. von Lucadou eine Petition ins Leben gerufen, um das Lebenswerk ihres Vaters vor dem Ruin zu bewahren. Da ich die Arbeit der Beratungsstelle für wertvoll und wichtig halte, unterstütze ich diese. Wer möchte, kann das ebenfalls tun.