Selbstverlag? Darum!

Der sogenannte Selbstverlag, Eigenverlag oder auch das Self-Publishing, erfreut sich unter Autoren in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit. Als ich vor einigen Jahren mein erstes fertiges Manuskript in den virtuellen Händen hielt, musste ich mir die Frage stellen, was ich nun damit tun würde. Bis Dato hatte ich mir darüber wenig Gedanken gemacht. Die Aussicht, es an hunderte Verlage zu schicken, wo das Ergebnis meiner mühevollen Arbeit dann jeweils mit hunderten anderen Werken auf dem Schreibtisch-Stapel irgendeines Lektors landen und daraufhin direkt ungelesen in den Müll wandern würde, war ziemlich deprimierend. Verlage sind eben keine Wohltätigkeitsvereine und Talentförderer, sondern knallhart kalkulierende Wirtschaftsunternehmen, die stets auf der Suche nach dem absolut Außergewöhnlichen sind. Dabei picken sie sich am liebsten die Rosinen heraus. Natürlich sind sie in der Position dazu, weshalb ihnen die ersten drei Zeilen eines Manuskripts in der Regel reichen, um über Erfolg oder Tonne zu entscheiden.

Verlag

Der Lebenstraum vieler Autoren: Ein Platz im Glaspalast.

Das klingt ziemlich arrogant und das ist es wahrscheinlich auch, aber so ist nun mal das Business. Darüber hinaus stellt sich dann noch die Frage, was mit dem Manuskript passieren sollte, wenn der unwahrscheinliche Fall einträte, dass es jemand für würdig befände. Dann wird unter Umständen ein Lektor oder ein ganzes Team an Literaten in meinem Text herumfuhrwerken und diesen nach seinem subjektiven Empfinden umformen; sprich möglichst vermarktbar machen. Am Ende ist im schlechtesten Falle nur noch die Idee als Grundgerüst vorhanden, um das herum eine Story und Figuren geschnipselt wurden, die gar nicht mehr meine sind. Andererseits bietet ein Verlag natürlich auch viele Vorteile für Autorinnen und Autoren. Diese können sich allein auf das Schreiben konzentrieren, denn um die erfolgreiche Vermarktung kümmern sich andere, die Profis darin sind.

Man muss jeden Handgriff selbst machen

Es gibt einen Buchvertrag und sofern es sich um ein seriöses Verlagshaus handelt, wird der eifrige Schreiberling ziemlich sicher direkt Geld verdienen und im besten Fall seinen Lebensunterhalt damit bestreiten. Aber was wurde nun aus meinem Manuskript? Ich hab es ehrlich gesagt an keinen einzigen Verlag geschickt und mich relativ schnell für den harten Weg entschieden: den Selbstverlag. Hart deshalb, weil man wirklich jeden Handgriff selbst machen muss. Dazu gehört ein Lektorat oder zumindest ein Korrektorat in Auftrag zu geben, das man selbst vorfinanzieren muss, noch bevor man einen Cent mit dem Buch verdient hat. Dabei muss man erst einmal jemanden finden, dem man dahingehend vertrauen kann, dass er sein Handwerk beherrscht. Denn was sich gerade im Netz so alles an vermeintlichen Lektoren tummelt, ist oft weit davon entfernt, seriös zu sein.

Selbstverlag

Der Vertrieb im Selbstverlag erfordert einen langen Atem.

Da dient das abgebrochene Deutschstudium oder das Praktikum als Volontär bei der Lokalzeitung gerne mal als Referenz, wenn überhaupt. Ich lasse bei meinen Büchern grundsätzlich nur Korrektorate und Lesekritiken von ausgewählten Personen durchführen, die ich persönlich kenne. Das ist dann auch schon das Einzige, was ich nicht selbst mache. Während das Buch also beim Korrekturlesen ist, muss man sich mit dem Coverdesign beschäftigen. Das sollte einigermaßen gut sein, denn es ist ja schließlich das Aushängeschild, das den potenziellen Leser oder die zukünftige Leserin ansprechen muss. Dazu noch ein möglichst prägnanter Klappentext, sowie ein guter Aufhänger und schon kanns losgehen.

Selbstverlag: Viel Arbeit, wenig Brot.

Wer es bis hier hin geschafft hat, sieht sich im Selbstverlag nun mit der schwersten Aufgabe konfrontiert: das Werk an den Mann bzw. an die Frau zu bringen. Gut, dass es neben dem Freundes- und Bekanntenkreis noch Plattformen wie Amazon gibt. Da sind wir nun wieder bei den knallhart kalkulierenden Wirtschaftsunternehmen. Die Schwelle, bei solch einem Anbieter ein Buch veröffentlichen zu können ist sehr gering, sofern man die formalen Anforderungen an Text und Cover erfüllt. Das bietet selbst dem unbekannten Autoren-Neuling einen flachen Einstieg in einen unvorstellbar großen Absatzmarkt. Dank der steigenden Beliebtheit von eBooks, sowie Print-on-Demand muss man hier kaum Kosten vorstrecken, entsprechend gering ist die Hürde.

Selbstverlag

Die Auswahl ist gigantisch. Wie soll man da auffallen?

Da das Ganze zudem relativ einfach und benutzerfreundlich ist, wären wir auch schon beim Nachteil: das System wird von verdammt vielen Autoren und inzwischen auch Verlagen genutzt. Das Erste was eintritt, nachdem das stolze Werk online gegangen ist, ist das Verschwinden in der Masse. Wir reden hier nicht von ein paar tausend Büchern, sondern von Millionen. Amazon benutzt beispielsweise ein Ranking, dessen Prinzip so einfach wie gnadenlos ist. Verkaufst du viel, schwimmt dein Buch oben auf der Halde, verkaufst du auch nur einen Tag etwas weniger, taucht es schneller im Strudel der Unbedeutsamkeit unter, als sein fassungsloser Schöpfer einen Atemzug nehmen kann. Um nicht zu ertrinken gibt es nur drei Möglichkeiten: verkaufen, verkaufen und verkaufen. US-amerikanischer Turbokapitalismus in höchster Vollendung.

Ein steiniger Weg bietet auch viel Freiheit

Ja, das ist hart und deshalb kann der Selbstverlag echt frustrierend sein. Dennoch möchte ich keinesfalls darauf verzichten. Was uns nicht umbringt, das macht uns bekanntlich härter. Der Selbstverlag bietet mir absolute Freiheit und Unabhängigkeit. Ich kann verkaufen wo ich will. Ob nun Amazon, Tolino, Buchhandel, der eigene Webshop oder auf Kommission im Buchladen um die Ecke, spielt keine Rolle. Meine Zielgruppe suche ich mir selbst aus und kann ihr meine Bücher so unverfälscht und authentisch anbieten, wie sie aus meiner Feder entsprungen sind. Seine Fangemeinde muss man sich natürlich erst aufbauen und das ist mitunter mühselig. Es braucht nicht nur Zeit, sondern man sollte auch auf allen erdenklichen Kanälen stetig daran arbeiten. Dafür ist es nachhaltig, denn es sind am Ende deine Fans.

Selbstverlag

Die Fans: Mit ihnen steht und fällt der Erfolg.

Natürlich nehmen auch Amazon & Co. ihre Margen und damit habe ich kein Problem. Das tut ein Verlag ebenfalls. Auch wenn ich Jeff Bezos nicht unbedingt sympathisch finde und der mächtige Konzern durchaus Schattenseiten hinter den Kulissen zeigt, sei es durch Steuervermeidung oder Ausbeutung, so überwiegt für mich der Nutzen. Alles andere ist Aufgabe der Politik und die versagt hier nur zu gerne. Die Selfpublishing-Anbieter stellen dem Independent-Autoren mittlerweile eine umfangreiche Infrastruktur und ein ganzes Arsenal an Werkzeugen zur Verfügung, die wirklich gut funktionieren. Die Behauptung, Amazon würde den lokalen Buch- oder Einzelhandel zerstören, halte ich für Unsinn.

Der beste Weg ist noch immer der eigene

In Deutschland gilt die Buchpreisbindung – auch für große Plattformen wie Amazon. Dennoch stehen viele Buchhandlungen vor der Herausforderung, sich in einem veränderten Markt zu behaupten. Manche tun sich schwer damit, neue Wege zu gehen oder unabhängige Autorinnen und Autoren in ihr Sortiment aufzunehmen. Für mich bedeutet der Selbstverlag Freiheit: die Möglichkeit, Geschichten zu erzählen, wie ich sie erzählen möchte – ohne thematische oder stilistische Vorgaben. Ich schreibe nicht für Trends oder politische Erwartungen, sondern für Leserinnen und Leser, die ehrliche, eigenständige Literatur schätzen.

Am Ende entscheidet das Publikum, nicht die Branche. Und genau das ist das Schöne an dieser Form der Veröffentlichung: Kreative Unabhängigkeit und direkter Kontakt zu den Menschen, für die man schreibt.


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